Neues zum CO2-Rucksack
von Elektroautos
Wir haben bereits mehrfach über Elektroautos berichtet (Serie zur Elektromobilität)
Warum war uns das wichtig?
Der Weltklimarat ist sich mit
der Mehrheit von Klimawissenschaftlern einig, dass der Klimawandel, der
die Erde aufheizt, menschengemacht ist. Das Pariser
Klimaabkommen
schreibt daher eine Begrenzung bei 1,5 Grad vor. Da 1,1 Grad schon
erreicht sind, darf z.B. Deutschland nur noch bis 2040 überhaupt
bilanziell CO2 ausstoßen, d.h. jegliche
Verbrennungsprozesse müssen bis
dahin abgelöst werden. Hartes Ziel! Im Verkehr geht das eben nur mit
Elektroautos (wobei ja auch Wasserstoffautos Elektroautos sind, nur
eben viel komplizierter). Oder eben durch den Verzicht auf Autos an
sich: durch geteilte Nutzung, Wechsel auf ein (elektrisches) Motorrad,
E-Roller, Fahrrad, E-Bike oder den ÖPNV.
Mobilität an sich ist ein Grundbedürfnis des Menschen, abschaffen geht
nicht.
Neben
den CO2–Reduktionen beim Elektroauto hat es
keine lokalen
Schadstoff-Emissionen, die in Innenstädten oft ein Grund für
vorzeitiges Ableben der Bevölkerung sind, und erzeugen kaum Lärm.
Vibrationsfreie und leise Fahrweise bauen sogar Stress ab.
Doch wie steht
es wirklich mit dem CO2–Rucksack, d.h. mit
dem CO2-Verbrauch bei Herstellung und Betrieb
eines Elektroautos im Vergleich zu seinen Benzin- und Diesel-Kollegen?
Die Batterieerzeugung ist extrem energieaufwändig. In der letzten Zeit
in Deutschland bzw. Österreich publizierte Studien von Buchal, Karl und
Sinn, ADAC, ÖAMTC und Joanneum Research beschreiben Kilometerleistungen
von weit über 100.000 km, nach denen ein aktuelles Elektroauto bei den
CO2 Aufwänden bei Herstellung der Batterie mit
dem Verbrenner gleichzieht. Leider berufen sich alle diese Studien auf
eine „schwedische Studie“ von 2017, die sogar von deren Verfassern 2019
überarbeitet und richtiggestellt wurde, aber immer noch durch die
„sozialen Medien“ kreist.
Eine neue Studie der niederländischen TU Eindhoven aus dem
Masterstudiengang Automobiltechnik im Auftrag der
Grünen-Bundestagsfraktion vom August 2020 kritisiert sehr viele Studien
mindestens in sechs Punkten.
- Übertriebene
Treibgasemissionen bei der Batterieherstellung
Intelligentere Fertigungsprozesse und Effizienzoptimierungen haben die Batterieherstellung von den damals angenommenen 175 kg CO2 pro kWh Batterie im Schnitt auf 75 kg sinken lassen, d.h. weniger als die Hälfte. - Zu kurz
angenommene Lebensdauer von Batterien
Die Lebensdauer von Batterien wurde mit 150.000 km Laufleistung zu kurz angenommen. Fahrzeugbatterien können jedoch voraussichtlich bereits in naher Zukunft über eine Million Kilometer halten.
Die neue Studie nimmt 250.000 km als realistisch an. - Annahme, dass
die Elektrizität während der Lebensdauer eines Autos nicht sauberer wird
Wegen einfacherer Rechnung wird in den Studien meist ignoriert, dass der zu Herstellung und Betrieb von E-Autos benötigte Strom ja auch immer sauberer wird. Die Studie rechnet für das Produktionsjahr 2020 mit 250 g CO2eq/kWh Elektrizität über die ganze Lebensdauer des Fahrzeugs. - Unrealistische
Spritverbräuche beim Verbrenner
Mittlerweile weiß fast jedes Kind, dass die Verbrauchsangaben der Hersteller bei Benzin und Dieselfahrzeugen um im Schnitt 40 % Prozent unter den realen Verbräuchen liegen. Das Portal www.spritmonitor.de oder die amerikanische EPA-Verbrauchsangabe zeigen Realverbräuche und werden in der Studie stattdessen herangezogen. - Voremissionen
bei der Produktion von Benzin und Diesel werden nicht eingerechnet
Bei der Treibstoffherstellung müssen nach neueren Erkenntnissen (z.B. wegen des Abfackelns) bei Benzin 30% auf die Auspuffemissionen, bei Dieselfahrzeugen zumindest 24% draufgerechnet werden, was 3,3 kg CO2 pro Liter Benzin bzw. 3,1 kg pro Liter Diesel entspricht. Das macht bei z.B. 6 Liter Verbrauch auf 100 Kilometer also rund 200g CO2 pro gefahrenen km, die man addieren muss. - Fehlender
Blick in die Zukunft
In der Verbrennertechnologie ist das Verbesserungspotenzial nahezu ausgeschöpft. Im Betrieb ist der Motor des Elektroautos bereits heute viermal effizienter. Eine weiter dekarbonisierte Stromproduktion aus erneuerbaren Energien führt dazu, dass ein Elektroauto über die ganze Verbrauchskette im Betrieb mindestens zehnmal weniger CO2 ausstößt als ein Verbrenner.
Fazit der
Studie:
Die niederländische Studie kommt zu dem Schluss, dass ein derzeit
aktuelles Elektroauto (z.B. eGolf, Tesla Model 3) etwa 30.000 Kilometer
fahren muss, damit der Batterierucksack beim CO2
im Vergleich zum Verbrenner in der gleichen Fahrzeugkategorie
„abgearbeitet“ ist. Nach dieser Laufleistung wird aber weniger als ein
Zehntel der Emissionen des Verbrenners ausgestoßen, wobei theoretisch
bei vollständiger Dekarbonisierung des Stromsystems ein CO2-freier
Betrieb möglich ist.
Das E-Auto wird also jedes Jahr besser.
https://www.dropbox.com/s/2gwq0yslascu3xm/deutsch_Studie%20EAuto%
20versus%20Verbrenner_CO2.pdf?dl=0
heruntergeladen (Stand 13.09.2020)
werden)
Meine Meinung:
Aufgrund unseres Klimaproblems kann man niemanden mehr
empfehlen, ein
neues Benzin- oder Dieselfahrzeug zu kaufen. Selbst der hohe
Anschaffungspreis bei Elektroautos wird heute mit der staatlichen
Förderprämie von 3.000 € Herstelleranteil und 6.000 € staatlichem
Anteil
relativiert.
Unschlagbar sind Wartungskosten und Verlässlichkeit, die Fahrzeuge sind
auf 10 Jahre steuerbefreit, lokal verpestet man die Luft nicht, der
Lärm wird geringer.
Wer dazu noch die Möglichkeit hat, zu Hause zu laden und in der
Garage oder am Carport einen Stromanschluss besitzt (und wenn es nur
eine
einfache Steckdose ist), der sollte bei Neuwagenüberlegungen immer auch
Elektroautos in die engere Wahl ziehen und sie probefahren.
Wenn dann noch das Auto von der eigenen Photovoltaik-Anlage
„tanken“ kann, ist das gute Gewissen perfekt. Ökologischeren „Sprit“
gibt es nicht!
Es gibt mittlerweile für nahezu jede Fahrzeugklasse eine gute Auswahl.
Realistische Tests, Kaufberatung und vor allem Vergleiche finden Sie
z.B. beim deutschen Elektroautovermieter nextmove in seinem
Youtube-Kanal. Wer der englischen Sprache ausreichend mächtig ist,
findet beim Engländer Robert Llewellyn (Kanal fullychargedshow ) oder
dem Norweger Bjørn Nyland in seinem gleichnamigen Kanal viele
interessante Berichte. Und bei vielen anderen.
Also: Einfach mal Probe fahren. Vielleicht gibt es ja auch einen
Nachbarn, der schon eines hat und Sie einmal mitfahren lässt! Fragen
Sie
doch mal!
Stefan Peipp