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update: 27.09.2020

Neues zum CO2-Rucksack von Elektroautos

E-Auto
Wir haben bereits mehrfach über Elektroautos berichtet (Serie zur Elektromobilität)

Warum war uns das wichtig?

Der Weltklimarat ist sich mit der Mehrheit von Klimawissenschaftlern einig, dass der Klimawandel, der die Erde aufheizt, menschengemacht ist. Das Pariser Klimaabkommen schreibt daher eine Begrenzung bei 1,5 Grad vor. Da 1,1 Grad schon erreicht sind, darf z.B. Deutschland nur noch bis 2040 überhaupt bilanziell CO2 ausstoßen, d.h. jegliche Verbrennungsprozesse müssen bis dahin abgelöst werden. Hartes Ziel! Im Verkehr geht das eben nur mit Elektroautos (wobei ja auch Wasserstoffautos Elektroautos sind, nur eben viel komplizierter). Oder eben durch den Verzicht auf Autos an sich: durch geteilte Nutzung, Wechsel auf ein (elektrisches) Motorrad, E-Roller, Fahrrad, E-Bike oder den ÖPNV.
Mobilität an sich ist ein Grundbedürfnis des Menschen, abschaffen geht nicht.

electric drive Neben den CO2–Reduktionen beim Elektroauto hat es keine lokalen Schadstoff-Emissionen, die in Innenstädten oft ein Grund für vorzeitiges Ableben der Bevölkerung sind, und erzeugen kaum Lärm. Vibrationsfreie und leise Fahrweise bauen sogar Stress ab.

Doch wie steht es wirklich mit dem CO2–Rucksack, d.h. mit dem CO2-Verbrauch bei Herstellung und Betrieb eines Elektroautos im Vergleich zu seinen Benzin- und Diesel-Kollegen? Die Batterieerzeugung ist extrem energieaufwändig. In der letzten Zeit in Deutschland bzw. Österreich publizierte Studien von Buchal, Karl und Sinn, ADAC, ÖAMTC und Joanneum Research beschreiben Kilometerleistungen von weit über 100.000 km, nach denen ein aktuelles Elektroauto bei den CO2 Aufwänden bei Herstellung der Batterie mit dem Verbrenner gleichzieht. Leider berufen sich alle diese Studien auf eine „schwedische Studie“ von 2017, die sogar von deren Verfassern 2019 überarbeitet und richtiggestellt wurde, aber immer noch durch die „sozialen Medien“ kreist.

Eine neue Studie der niederländischen TU Eindhoven aus dem Masterstudiengang Automobiltechnik im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion vom August 2020 kritisiert sehr viele Studien mindestens in sechs Punkten.

  • Übertriebene Treibgasemissionen bei der Batterieherstellung

    Intelligentere Fertigungsprozesse und Effizienzoptimierungen haben die Batterieherstellung von den damals angenommenen 175 kg CO2 pro kWh Batterie im Schnitt auf 75 kg sinken lassen, d.h. weniger als die Hälfte.
  • Zu kurz angenommene Lebensdauer von Batterien

    Die Lebensdauer von Batterien wurde mit 150.000 km Laufleistung zu kurz angenommen. Fahrzeugbatterien können jedoch voraussichtlich bereits in naher Zukunft über eine Million Kilometer halten.
    Die neue Studie nimmt 250.000 km als realistisch an.
  • Annahme, dass die Elektrizität während der Lebensdauer eines Autos nicht sauberer wird

    Wegen einfacherer Rechnung wird in den Studien meist ignoriert, dass der zu Herstellung und Betrieb von E-Autos benötigte Strom ja auch immer sauberer wird. Die Studie rechnet für das Produktionsjahr 2020 mit 250 g CO2eq/kWh Elektrizität über die ganze Lebensdauer des Fahrzeugs.
  • Unrealistische Spritverbräuche beim Verbrenner

    Mittlerweile weiß fast jedes Kind, dass die Verbrauchsangaben der Hersteller bei Benzin und Dieselfahrzeugen um im Schnitt 40 % Prozent unter den realen Verbräuchen liegen. Das Portal www.spritmonitor.de  oder die amerikanische EPA-Verbrauchsangabe zeigen Realverbräuche und werden in der Studie stattdessen herangezogen.
  • Voremissionen bei der Produktion von Benzin und Diesel werden nicht eingerechnet

    Bei der Treibstoffherstellung müssen nach neueren Erkenntnissen (z.B. wegen des Abfackelns) bei Benzin 30% auf die Auspuffemissionen, bei Dieselfahrzeugen zumindest 24% draufgerechnet werden, was 3,3 kg CO2 pro Liter Benzin bzw. 3,1 kg pro Liter Diesel entspricht. Das macht bei z.B. 6 Liter Verbrauch auf 100 Kilometer also rund 200g CO2 pro gefahrenen km, die man addieren muss.
  • Fehlender Blick in die Zukunft

    In der Verbrennertechnologie ist das Verbesserungspotenzial nahezu ausgeschöpft. Im Betrieb ist der Motor des Elektroautos bereits heute viermal effizienter. Eine weiter dekarbonisierte Stromproduktion aus erneuerbaren Energien führt dazu, dass ein Elektroauto über die ganze Verbrauchskette im Betrieb mindestens zehnmal weniger CO2 ausstößt als ein Verbrenner.

Fazit der Studie: 
Die niederländische Studie kommt zu dem Schluss, dass ein derzeit aktuelles Elektroauto (z.B. eGolf, Tesla Model 3) etwa 30.000 Kilometer fahren muss, damit der Batterierucksack beim CO2 im Vergleich zum Verbrenner in der gleichen Fahrzeugkategorie „abgearbeitet“ ist. Nach dieser Laufleistung wird aber weniger als ein Zehntel der Emissionen des Verbrenners ausgestoßen, wobei theoretisch bei vollständiger Dekarbonisierung des Stromsystems ein CO2-freier Betrieb möglich ist.
Das E-Auto wird also jedes Jahr besser.

(Wer es nochmal genau nachlesen möchte: Die Studie liegt in deutscher Übersetzung vor und kann unter

https://www.dropbox.com/s/2gwq0yslascu3xm/deutsch_Studie%20EAuto%
20versus%20Verbrenner_CO2.pdf?dl=0

heruntergeladen (Stand 13.09.2020) werden)


Meine Meinung:

Aufgrund unseres Klimaproblems kann man niemanden mehr empfehlen, ein neues Benzin- oder Dieselfahrzeug zu kaufen. Selbst der hohe Anschaffungspreis bei Elektroautos wird heute mit der staatlichen Förderprämie von 3.000 € Herstelleranteil und 6.000 € staatlichem Anteil relativiert.
Unschlagbar sind Wartungskosten und Verlässlichkeit, die Fahrzeuge sind auf 10 Jahre steuerbefreit, lokal verpestet man die Luft nicht, der Lärm wird geringer.
Wer dazu noch die Möglichkeit hat, zu Hause zu laden und in der Garage oder am Carport einen Stromanschluss besitzt (und wenn es nur eine einfache Steckdose ist), der sollte bei Neuwagenüberlegungen immer auch Elektroautos in die engere Wahl ziehen und sie probefahren.
Wenn dann noch das Auto von der eigenen Photovoltaik-Anlage „tanken“ kann, ist das gute Gewissen perfekt. Ökologischeren „Sprit“ gibt es nicht!

Es gibt mittlerweile für nahezu jede Fahrzeugklasse eine gute Auswahl. Realistische Tests, Kaufberatung und vor allem Vergleiche finden Sie z.B. beim deutschen Elektroautovermieter nextmove in seinem Youtube-Kanal. Wer der englischen Sprache ausreichend mächtig ist, findet beim Engländer Robert Llewellyn (Kanal fullychargedshow ) oder dem Norweger Bjørn Nyland in seinem gleichnamigen Kanal viele interessante Berichte. Und bei vielen anderen.

Also: Einfach mal Probe fahren. Vielleicht gibt es ja auch einen Nachbarn, der schon eines hat und Sie einmal mitfahren lässt! Fragen Sie doch mal!
 

Stefan Peipp