Buchtipp
Agenda21 schmökert in der Bücherei ...
Harald Welzer: "Die smarte Diktatur. Der Angriff auf unsere Freiheit"
S. Fischer Verlag, April 2016, 320 Seiten
Nach seinem vielbeachteten Bestseller „Selbst denken. Eine
Anleitung zum Widerstand“, in der er einfordert, dass jeder Einzelne
sich wieder eigenverantwortlich für die Gesellschaft einbringt, nimmt
sich Welzer diesmal die Digitalisierung der Gesellschaft vor.
Kein
anderes technisches Objekt hat die Gesellschaft binnen kurzem so
radikal verändert wie das Smartphone. Während uns unsere persönlichen
Daten noch in den 80er Jahren so wichtig waren, dass wir eine
Volkszählung verhinderten, geben wir jetzt mit jedem Kauf im Internet,
mit jeder persönlichen Äußerung in den sogenannten „Sozialen
Netzwerken“ ohne Not ungleich viel mehr Daten von uns preis. Diese
gehen nicht wie früher nur an den Staat, der sie im Rahmen der Gesetze
vertraulich behandeln muss, sondern an viele private Unternehmen, die
sie sammeln, daraus Profile entwickeln, uns diese Profile
zurückspiegeln („Personen, die dieses Produkt gut finden, finden auch
folgende Produkte gut.“, uns damit manipulieren. Und das ganz umsonst
und ohne Aufforderung, ohne die Profis der Geheimdienste. Durch die
Algorithmen der großen „Big Data“-Rechner wird unser Leben berechenbar.
Unsere Meinungen werden berechenbar und damit steuerbar.
Auf
„Facebook & Co“ werden außerdem unsere Meinungen einer wechsel-
seitigen Normenkontrolle eines anonymen Schwarms von Mitdiskutierenden
ausgesetzt. Eine unbedachte, aus dem Zusammenhang gerissene Äußerung
eines Einzelnen kann mindestens Ausgrenzung, wenn nicht sogar seinen
gesellschaftlichen Abstieg bedeuten.
Dies sind die Kennzeichen
einer „smarten Diktatur“, in der Politik, die in unserer Gesellschaft
die Schwachen schützen und einen Rahmen für das Miteinander setzen
soll, weitestgehend abgeschafft ist. Alles soll dem Markt und den
Algorithmen überlassen werden, der Verlust von Teilhabe an den
Angelegenheiten und am Gemeinwohl inbegriffen.
Allen diesen demokratiefeindlichen Strukturen setzt Welzer dennoch seine Hoffnung entgegen:
"Noch sind wir eine freie Gesellschaft. Wir können solche Sachen verhindern.“
„Demokratie und Freiheit müssten erkämpft werden: Und jetzt ist der Zeitpunkt, dass man tatsächlich dafür kämpfen muss."
Ein
sehr lesenswertes Buch, das nachdenklich macht. Ich selbst werde jetzt
wieder ein bisschen vorsichtiger und kritischer im Internet mit meinen
Daten umgehen.
Das Buch ist im April im S. Fischer Verlag
erschienen, hat 320 Seiten und ist in der Gemeindebücherei ausleihbar.
(ebenso wie sein Buch „Selbst denken“)
Für Sie gelesen von Stefan Peipp, Agenda21