zukunftsfähige Lebensweise
im "Earthship"
Unser Agenda21 Ausflug ging dieses Jahr bei strahlendem Sonnenschein an einen Ort, an dem das erste deutsche Earthship gelandet ist, oder besser gesagt realisiert wurde.
Hinter
Feuchtwangen erreichten wir den, in einer dünn besiedelten, idyllischen
Landschaft gelegenen Weiler Tempelhof, welcher zur schwäbischen
Gemeinde Kreßberg gehört.
Hier haben 2010 ein paar Münchner eine
verlassene Diakonieeinrichtung übernommen, um eine nachhaltige
und zukunftsfähige Lebensweise zu verwirklichen und somit
eine
tragfähige Form des menschlichen Zusammenlebens zu schaffen.
Mittlerweile leben in dieser Siedlung 100 Erwachsene und 40
Kinder in einer gleichberechtigten Gemeinschaft mehr oder weniger
selbstbestimmt und in einer deutlich
ursprünglicheren Art
als wir es gewohnt sind.
Auf dem Areal befinden sich unter
anderem eine freie Schule mit dem Bildungsansatz „freies
Lernen“, eine Werkstatt mit Ausbildungsmöglichkeiten z. B.
Metallverarbeitung,
mehrere Wohnhäuser, landwirtschaftliche Einrichtungen, eine zentrale
Küche und das eigentliche Architekturprojekt Earthship
(Gemeinschaftsbereich), sowie die angrenzenden Wohnwagen/Kleinsthäuser,
teils im Stil von Jurten errichtet.
Das Earthship selbst wurde
nach dem vor 40 Jahren entwickelten Wohnkonzept des
US-Amerikaners und “Bio-tekten” Michael Reynolds gebaut. Das Haus
verfügt über geschlossene Kreisläufe für Energie und Wasser-versorgung
und sieht im Grundkonzept weitgehende Autarkie vor. Nach Norden ist das
22 Meter lange Gebäude durch einen Erdwall (der Kern besteht aus alten,
mit Erde befüllten und verdichteten Autoreifen) von der Witterung
abgeschirmt. Auch das Dach ist begrünt und dient der Gewinnung von
Regenwasser und der Stromerzeugung durch PV-Module. Verputzt wurde mit
Feuchtigkeit regulierendem Lehm, der ein gutes Wohnklima schafft.
Die
Umsetzung geschah in Eigenleistung der rund 50
Projektteilnehmer.
Auf der Südseite wurden große Fensterflächen vorgesehen, denen abermals
eine Fensterfläche wie bei einem Wintergarten vorgelagert ist. Die
einfallende Sonne kann so die große Wärme-Speichermasse des Erdwalls
und der Lehmwände und -böden erwärmen, was bei sonnigen Wetter das
ganze Jahr über für angenehme Temperaturen im Gemeinschaftsraum, im
Küchenbereich, sowie im Gemeinschaftsbad sorgt.
Lediglich bei
bedecktem Himmel im Winter wird aus der zentralen Pellets-
Nahwärmeversorgung zusätzliche Wärme abgerufen. Das Brauchwasser vom
Dach wird für Wäsche und Klospülung verwendet, ansonsten wird das
Trinkwasser, den deutschen Behörden geschuldet, dem normalen örtlichen
Leitungsnetz entnommen. Das Original sieht hier eine Aufbereitung des
Regenwassers auf Trinkwasserqualität vor, durch Pflanzenklärung und
Filteranlagen.
Das Gesamtprojekt versteht sich als
Lebensentwurf und Experimentierfeld für zukünftige Generationen in
einer neuen Art Stammesverband.
Jeder muss sich einbringen,
wöchentlich bzw. zweiwöchentlich finden Sitzungen zu aktuellen
Problemen in der Gemeinschaft, zu technischen Herausforderungen (z.B.
der neu gebaute Warmwasserspeicher) im kleineren Kreis oder auch im
Plenum statt. Hier wird auf größtmögliche Transparenz, klare
Verantwortlichkeiten, aber auch auf größtmögliche Achtsamkeit im Umgang
miteinander geachtet.
Das Angebot an Möglichkeiten auf dem Areal
ist beachtlich. So kann man im ehemaligen Wichernhaus der Diakonie
kreativ sein, mit töpfern, malen, im FabLab 3D-drucken und ähnliches.
Im
Seminarhaus werden u. a. für Gäste aus aller Welt viele Workshops und
Vorträge abgehalten, wie zu Nachhaltigkeit, Entspannungstechniken,
etc., deren Vielfalt dem eines VHS-Programms nahe kommt.
In der
zentralen Küche haben wir dann lecker vegetarisch Mittag gegessen und
das ein oder andere selbstgemachte Kuchenstück im Café probiert. Wir
alle waren sehr beeindruckt und fanden die Führung super interessant.
Mit
vielen neuen Anregungen für die Agenda im Gepäck, ging die Fahrt nach
dem Mittagessen dann weiter nach Schwäbisch Hall.
Dort haben wir bei einer sehr kurzweiligen Stadtführung viele
spannende Geschichten rund um das schnuckelige Städtchen erfahren,
welches sich mit seinen verwinkelten, engen Gassen und Fachwerkhäusern
beiderseits der Hänge des Kochertals drängt. Dieser eigentlich sehr
überschaubare Ort wurde im Mittelalter sogar zur Reichsstadt erhoben.
Dies lag an der hier vorhandenen Salzwasserquelle. Mit enormen Aufwand
wurde ursprünglich das Salz durch Eindampfen gewonnen, welches im
Mittelalter bekanntlich sehr kostbar war und der Stadt zu großem
Reichtum verhalf.
Unser Ausflug wurde dann durch den Besuch der im
Ort befindlichen Kunsthalle Würth abgerundet, die uns tolle Einblicke
in dessen umfangreiche Kunstsammlung bot.
Alexander Zeitler